Vom alltäglichen "Kampf gegen das Auto" zum "Kampf gegen den Automat"?

  • Also ich lese dort:
    (1) Es ist links zu überholen.

    -> Überholen ist erlaubt.

    Wahrscheinlich reden wir aber aneinander vorbei und du meinst, es ist verboten, wenn...
    Das ändert aber nichts daran, dass es eine Notwendigkeit gibt. Denn ohne könnte man es aus Gründen der Verkehrssicherheit verbieten. Immer.

  • Hm, wegen ca. 10.000 Meilen Erfahrung in den letzten Jahren auf US-Amerikanischen Straßen, habe ich bei Darstellungen von autonomen Fahrzeugen in den USA immer so meine Bedenken, ob das gleiche System auf europäischen Straßen auch nur ansatzweise so gut funktionieren würde. Amerikanische Verkehrsregeln sind einfach erheblich schlichter als die unsrigen, noch dazu bin ich kein einziges Mal einem Schilderwald vergleichbar einem Deutschen begegnet. Außerdem ist die Zahl nicht motorisierter VT dort deutlich niedriger. Von den üblicherweise relativ gleichförmig und großzügig gestalteten Verkehrsräumen ganz zu schweigen.
    Und JETZT werde ich mir mal das Video ansehen :D .

    /jo, kein einziger Fußgänger, kein Radfahrer, keine komplexe Kreuzung.

  • Meine Skepsis hat eher dieser Satz hier geweckt:

    Es ist tausende Kilometer mit menschlichen Fahrern mitgefahren, also Testpiloten, die penibel genau nach Straßenverkehrsregeln gefahren sind, keine Verkehrschaoten.

    Wer die Geschichte des Users @Wattestäbchen im Verkehrsportal kennt, wird verstehen, warum ich mir nicht vorstellen kann, dass auch nur einer der Testfahrer je angekommen/zurückgekommen wäre, hätten sie tatsächlich penibel die Regeln eingehalten.

    Twitter: @Nbg_steigt_ab

  • Quelle: ruhrnachrichten.de ruhrnachrichten.de/Nachrichten…jaehrige-stirbt-4767.html
    Ich habe da jetzt nicht lange nach suchen müssen und bin sicher, dass man sehr leicht noch sehr viel mehr solcher Artikel finden wird.


    Einen anderen Artikel zu demselben schrecklichen Unfall hatte ich weiter oben schon verlinkt.

    Mir ist nicht wohl dabei, die Umstände um den Tod des kleinen Mädchens zu benutzen um das eine oder andere Argument zu untermauern. Ich hoffe weder die Würde des verstorbenen Kindes noch die der Angehörigen zu verletzen, wenn wir über den Unfall und die Berichterstattung diskutieren.

    Deinem Argument, dass "die Maschine für [...] verantwortlich erklärt" wird, kann ich nicht folgen; vielmehr wird - vor allem beim WDR - das Schicksalhafte des Geschehens betont.
    Meine Deutung ist: Wäre das ein autonom fahrendes Auto gewesen, hätte man den Unfall schnell als Beweis genommen wie gefährlich die Dinger sind. Aber keiner sagt, dass Menschen nicht ans Steuer dürfen, weil sie manchmal (selten) wegen gesundheitlicher Probleme die Kontrolle verlieren. Und das ist ja auch gut so - es gibt einen gewaltigen öffentlichen Druck auf die Entwickler der selbstfahrenden Autos, und das sorgt für Qualität.


    Zitat von Ullie

    Es würde quasi eine Fehlbedienung der Maschine daraus konstruiert werden. Eine Fehlbedienung von denjenigen, die die Maschine gar nicht für sich nutzten und die Opfer der Maschine sind.

    Victim Blaming neu erfunden: das halte ich auch für möglich, wenn die selbstfahrenden Autos mal einen gewissen Reifegrad haben und verbreitet sind.

  • 1) was Automaten wirklich gut können ist, Regeln einzuhalten. Ohne Ermüdung, ohne Langeweile. Auch ohne Spaß: Es gibt einfach keinen Grund, einen Radfahrer ganz knapp zu überholen, wenn man nicht selber am Steuer sitzt und das Überlegenheitsgefühl durch die Adern schießt.

    Automaten können auch nur die Regeln einhalten für die sie Programmiert sind. Es gibt keinen Grund die Abgasreinigung durch das Motorsteuergerät im Realbetrieb abzuschalten. Trotzdem wird es programmiert und der Gesetzgeber akzeptiert es letztendlich.

    Je größer der einprogrammierte Überholabstand, desto öfter und länger werden sich Fahrten verzögern weil Autos hinter Radfahrern her fahren. Allein diese Zeitverlust zu minimieren wäre ein Grund die Überholabstände, für den Fahrradfahrer unkomfortabel bis beängstigend, knapp zu kalkuliert. Das man damit den ein oder anderen Fahrradfahrer zum potentiellen Kunden macht ist auch nicht unwahrscheinlich.

  • Es gibt zwei Gründe, die Abgasreinigung im Alltag abzuschalten. Zuerst möchte wohl kein Hersteller als erster seinen Kunden zumuten, regelmäßig AdBlue tanken zu müssen.
    Und zum Zweiten hätte die Abgasreinigung vermutlich anders (teurer) konstruiert werden müssen, um einen Dauerbetrieb auszuhalten.

  • Automaten können auch nur die Regeln einhalten für die sie Programmiert sind. Es gibt keinen Grund die Abgasreinigung durch das Motorsteuergerät im Realbetrieb abzuschalten. Trotzdem wird es programmiert und der Gesetzgeber akzeptiert es letztendlich.

    Je größer der einprogrammierte Überholabstand, desto öfter und länger werden sich Fahrten verzögern weil Autos hinter Radfahrern her fahren. Allein diese Zeitverlust zu minimieren wäre ein Grund die Überholabstände, für den Fahrradfahrer unkomfortabel bis beängstigend, knapp zu kalkuliert. Das man damit den ein oder anderen Fahrradfahrer zum potentiellen Kunden macht ist auch nicht unwahrscheinlich.

    Äpfel-Birnen-Alarm!

    Schummeln bei der Abgasreinigung ist wie Doping beim Sport - nur mit großem Aufwand nachweisbar, und der Generalverdacht bleibt bestehen, auch wenn die Kontrollen verstärkt werden. "Schummeln" beim Überholen ist aber wie absichtliches Foulspiel auf dem Platz. Da braucht man keine Urinprobe und kein Labor, da wird das ganze Stadion unmittelbar Zeuge, wenn einer anfängt, aggressiv um sich zu treten.

    Abgesehen davon gilt natürlich: die von menschlichen Fahrern abverlangten Überholabstände sind kein Selbstzweck. Sie sollen einen Sicherheitspuffer bilden, der nicht nur die spontanen Schwankungen der Radfahrer bis zu einem gewissen Maß ausgleicht, sondern der auch verhindert, dass Fehleinschätzungen des Autofahrers beim Ansteuern der erforderlichen Fahrlinie keine Negativabstände nach sich ziehen. Die kursierenden "anderthalb Meter" sind also nur die apriori-Zielvorgabe. Wieviel es dann im Einzelfall am Ende a-posteriori allermindestens gewesen sind, ist damit aber nicht vorgegeben. Das Endresultat hängt offensichtlich nicht zuletzt auch stark vom Verhalten des Radfahrers ab.

    Autonom fahrende KFZ könnten in der Tat den Radfahrern wesentlich dichter auf die Pelle rücken als menschliche Piloten, ohne dass dies die Unfallgefahr erhöhen würde, da sie die erforderliche Fahrlinie mit einer viel geringeren Standardabweichung einhalten.

    Gefahr ensteht nicht durch den Mittelwert, sondern durch die Menge der kritischen statistischen Ausreißer.

  • Autonom fahrende KFZ könnten in der Tat den Radfahrern wesentlich dichter auf die Pelle rücken als menschliche Piloten, ohne dass dies die Unfallgefahr erhöhen würde, da sie die erforderliche Fahrlinie mit einer viel geringeren Standardabweichung einhalten.

    Wie weit kann mir denn ein autonomes Kfz auf die Pelle rücken, ohne die Unfallgefahr zu erhöhen? Möglicherweise liegt ja da ein kleines Steinchen auf der Straße, weshalb ich einen Schlenker nach links mache, vielleicht bin ich einen Moment unaufmerksam und meine Fahrlinie bewegt sich nicht in einem Feld von 5 cm, sondern von 20 cm, vielleicht kommt ein Windstoß von rechts, ... und nicht zu vergessen: wie groß ist die Geschwindigkeit des Autos? Wie groß ist der Luftstoß und -sog? In der Bahn habe ich keine Probleme damit, wenn sich zwei ICEs mit Tempo 300 begegnen (also 600 km/h Geschwindigkeitsdifferenz, aber bei: ich 15 km/h und Auto 90 km/h hätte ich doch gerne ein etwas breiteres »Lichtraumprofil« um mich herum als wenn alle im Schritttempo auf die Ampel zurollen.

  • Wie schnell soll eigentlich der erste autonome Hamburger Bus fahren? Der andere, der jetzt in Betrieb ging, soll ja "nur" (*) 20 km/h fahren, obwohl auf dem Bus jetzt eine fette 15 steht:

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    *) "Nur" deswegen, da ich mal testweise meine Alltagsrouten mit der KVB bzw. Bahn durchgerechnet habe. Mit der KVB komme ich auf 10-12 km/h und mit der (S-)Bahn auf 14-16 km/h. Beim Auto sieht es auch nicht viel besser aus, wenn man die Parkplatzsuche mit einbezieht.

  • Wie weit kann mir denn ein autonomes Kfz auf die Pelle rücken, ohne die Unfallgefahr zu erhöhen?

    Das wäre noch zu eruieren. :D
    Ich würde den Überholabstand sinngemäß in zwei unabhängige Anteile zerlegen: ein Teil der anderthalb Meter (2/3?) geht zu Lasten des Autofahrers und berücksichtigt die mit der Geschwindigkeitsdifferenz größer werdende Unschärfen beim Anpeilen (Garagentore sind immer deutlich schmaler als eine Autobahnfahrspur) und die Einflüsse der ebenfalls geschwindigkeitsabhängigen Fahrtwind-Schleppe. Der zweite Teil (1/3?) geht zu Lasten des Radfahrers, und berücksichtigt die aus mehreren Gründen (Seitenwind, einspurig) größere Unschärfe in der Fahrlinie des Fahrrades. Wichtig ist: jeder der beiden Teilabstände wäre grundsätzlich auch einzuhalten, wenn das betreffende Fahrzeug jeweils allein an einem stehenden Hindernis zuverlässig unfallfrei vorbeikommen wollte.

    Das autonome KFZ wird naturgemäß nur etwas vom ersten Anteil reduzieren können. Denkbar wären im Idealfall (!) prinzipiell folgende Faktoren:
    -Der Autopilot lässt vor dem Überholen emotionslos rechtzeitig ein wenig ausrollen, so dass die DeltaV-abhängige Windschleppe verträglicher wird
    -Der Autopilot sieht den Radfahrer immer rechtzeitig und kann, ohne deswegen seine Aufmerksamkeit unfallerhöhend von anderen Details abzuwenden, die Fahrlinie des Fahrrades fehlerfrei mitverfolgen. Infolgedessen kann er anders als der menschliche Fahrer bis zum Beginn der Nebeneinanderfahrt die projektierte Fahrlinie noch an die aktuelle Position des Fahrrades anpassen.
    -Der Autopilot weiß immer 100% genau, wo die rechte Außenkante des Autos liegt. An einem stehenden Hindernis könnte er daher im Idealfall mit 100 km/h und Millimeter-genauer Präzision vorbeikacheln.

    Ergänzung: falls jemand meint, 50 cm wären als halbe (!) Pendelamplitude zu gering angesetzt: wer ernsthaft mehr als insgesamt 1 m seitlich schwankt, sollte besser das Radeln bleiben lassen, denn damit ist er insbesondere und unabhängig von dem KFZ-Überholproblem auch schon definitv untauglich für die Benutzung der üblichen deutschen Radwege.

  • Also ich halte die Vision, dass autonome Autos mich auf dem Rad mit 50 cm Abstand überholen sollen, für wenig einladend. Ich schrieb unter anderem von einem plötzlichen Windstoß - Wohnwagengespanne und LKWs werden von so etwas durchaus seitlich versetzt. Ich auch. Also reicht das nicht.
    Der Vergleich mit Radwegen hinkt, denn die werden normalerweise rechts und meistens auch links durch Luft begrenzt und nicht durch eine starre Wand und schon gar nicht eine Wand aus rotierenden Kreissägen, so dass man stirbt, wenn man über die Grenze von Rad- und Gehwegteil hinauskommt. Radwege, bei denen zwischen Gartenmauer und Baum 80 cm liegen, benutze ich in der Tat nicht, selbst wenn da ein [Zeichen 240] hängt.

  • Ich würde den Überholabstand sinngemäß in zwei unabhängige Anteile zerlegen: ein Teil der anderthalb Meter (2/3?) geht zu Lasten des Autofahrers und berücksichtigt die mit der Geschwindigkeitsdifferenz größer werdende Unschärfen beim Anpeilen (Garagentore sind immer deutlich schmaler als eine Autobahnfahrspur)

    Grundsätzlich richtig: autonome Fahrzeuge dürfen voraussichtlich dichter überholen als von Menschen gesteuerte.
    Aber auf keinen Fall einen ganzen Meter dichter dran. Bei 50cm Abstand fahren die Dinger mir dann ja den Arm ab, den ich zum Abbiegen raushalte.

    Zur Aufteilung kann man vielleicht Autobahnbaustellen heranziehen. Die Fahrspuren dort sind gerade mal 50cm breiter als die zugelassene Maximalbreite der Autos (Quelle). Also 25cm auf jeder Seite. Das ist also die Ungenauigkeit, mit der bei einem menschlichen Fahrer bei 60-80 km/h gerechnet werden muss.

    Ein autonomes Fahrzeug braucht diesen Puffer praktisch nicht, dürfte also 25cm dichter überholen.
    Bleiben noch 1,25m Abstand zum Radfahrer.

  • Wieso wird dieses rollende Dixi-Klo eigentlich immer Bus genannt? Sechs Leute kann ich auch in einen Vw-"Bus" setzen. Und der ist sogar schmaler.

    Weil er im lateinischen Wortsinn als 'Omnibus' ein Fahrzeug 'für alle', also öffentlich ist?

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)

  • Ein autonomes Fahrzeug braucht diesen Puffer praktisch nicht, dürfte also 25cm dichter überholen.
    Bleiben noch 1,25m Abstand zum Radfahrer.

    Hm. Das mag der technisch notwendige Abstand sein.

    Andererseits gibt es den Abstand, bei dem ich mich als Radfahrer noch wohlfühle; oder der Abstand, bei dem ich mich noch wohlfühle, wenn meine Kinder mit diesem überholt werden. Bei diesen sehe ich die absolute Untergrenze bei 1,50m.

  • Stichwort Kinder: In diesem Zusammenhang erinnere ich mich noch mit Grauen an einen Fahrradausflug mit der älteren Tochter meiner Ex (damals 11) in Berlin. Sie fuhr auf der Fahrbahn vor mir, und wir mussten rechts abbiegen. Ich sage: »Hier rechts!« und sie streckt die linke Hand raus und zieht nach links rüber ...

  • Ist nicht diskriminierend gemeint: Bei Kindern und Frauen Gegenstand angeben: "Fahre dahin, wo deine Klingel ist." "Fahr nach dahinten , wo der Eismann ist." usw.

    Meine Tochter fährt Rad, seit sie 3 ist, wird bald 6. So hat es bis jetzt ohne gefährliche Situationen geklappt. Im Park kann man dann gefahrlos "rechts" und "links" üben.

    Mit meiner Frau im Auto nur mit Deixis, wenn ich sichergehen will.

    „Zeigen wir dem staunenden Ausländer einen neuen Beweis für ein aufstrebendes Deutschland, in dem der Kraftfahrer nicht nur auf den Autobahnen, sondern auf allen Straßen durch den Radfahrer freie, sichere Bahn findet.“ (Reichsverkehrsministerium, 1934)