Focus on cycling

  • Die Bewohner Kopenhagens sind zu beneiden! Wenn ich da an Frankfurt denke ... :/:rolleyes:

    Immerhin war Frankfurt einer der Konkurrenten um den Titel der "Europäischen Umwelthauptstadt 2014", den letzendlich Kopenhagen gewonnen hat. Zwar gibt es zwischenzeitlich eine Fortschreibung des Radverkehrsnetzes in Frankfurt, aber mehr als eine nette Absichtserklärung ist das meiner Meinung nicht. Wie das Radverkehrsnetz ausgebaut werden soll, ist nicht bekannt und vor allem aber, wann es denn mal so weit sein soll. Ich befürchte, wenn die Maßnahmen der Fortschreibung endlich realisiert sind, dann werde ich altersbedingt nicht mehr in der Lage sein, mich radfahrend daran zu erfreuen.

    Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. - Albert Einstein

  • Gibt es ein Alter ohne Radfahren??? Kann ich mir derzeit kaum vorstellen . . .

    Ich kann es mir derzeit auch nicht vorstellen, ohne die täglich Tour mit dem Fahrrad zu leben - und will es mir auch gar nicht vorstellen. Diesbezüglich halte ich es ähnlich wie Loriot: "Ein Leben ohne Fahrrad ist möglich, aber sinnlos".

    Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. - Albert Einstein

  • Eine 24-seitige Broschüre darüber, wie man vernünftige Radverkehrsanlagen anlegt.

    Glückliches Kopenhagen. Allerdings glaube ich schon, dass auch deutsche Verkehrsingenieure in der Lage wären, eine vernünftige Radinfrastruktur zu planen und zu bauen.

    Unser Problem ist ein anderes.
    Die Notwendigkeit und der Wert einer Radinfrastruktur ähnlich der Kopenhagens wird geleugnet.
    Nicht nur von der MIV-Lobby, deren Leugnen ja immerhin verständlich ist.

    Nein, auch von den Fahrradverbänden wird der Wert einer guten Infrastruktur schlichtweg geleugnet. Während bei allen Befragungen von Radfahrern der erste Wunsch stets mehr und bessere Radinfrastruktur ist, kämpfen die von Sportradlern usurpierten Radverbandsführungen verbissen dagegen an.

    Dank ihrer Interessensgleichheit mit der übermächtigen MIV-Lobby haben sie Erfolg.

    Die Bewohner Kopenhagens sind zu beneiden! Wenn ich da an Frankfurt denke ...

    Zu beneiden sind sie zuallerst für ihre Einsicht:

    Der Radverkehr ist als Verkehrsmodus zu wichtig, um ihn alleine den draufgängerischen, behelmten Radkriegern mit den auffallenden Jacken zu überlassen.
    Rad fahren ist nicht nur für eine bestimmte Elite gedacht, sondern für alle.
    Tom Godefrooij von der Dutch Cycling Embassy

    Das vorangegangene Zitat stammt ebenso wie die nachfolgenden aus dem Artikel "Auf der Suche nach der fahrradfreundlichsten Stadt" des Blogs Zukunft Mobilität

    "Die Philosophie des auf der Straße Radelns wurde in die US-Regeln für die Anlage von Straßen aufgenommen und hat über Jahrzehnte den Bau von baulich vom Rest der Straße getrennten Radwegen verhindert und Radfahrer in den Straßenverkehr gezwungen."

    Das Vorbild für die "Aufhebung der Benutzungspflicht".

    Share the road - bicycle-traffic goes US

    Besonders der US-Modal Split lässt die Augen der hiesigen Automanager tränen: Unter 1 % Radverkehrsanteil.
    "Share the road" bedeutet in New York: 3,8 Tote je 10 000 Radler
    Demgegenüber Kopenhagen: 0,3 Tote je 10 000 Radler

    "Lusk [Wissenschaftlerin an der Harvard School of Public Health] und andere Wissenschaftler, welche die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher Gruppen von Radfahrern wie Frauen, Kinder, älteren Menschen und Eltern, welche ihre Kinder auf dem Fahrrad mitnehmen, untersucht haben, machen darauf aufmerksam, dass viele dieser Fahrradfahrer nicht genauso selbstbewusst auftreten wie beispielsweise ein junger Mann mit einer sportlichen Fahrweise auf einem Tourenrad.

    Alltagsradeln auf einer fahrradspezifischen Verkehrsinfrastruktur soll inklusiv sein und die Bedürfnisse von jungen und alten, männlichen und weiblichen Radfahrern erfüllen. Der Wunsch nach hoher Geschwindigkeit ist nicht bei allen Radfahrern gleichsam vorhanden. Genauso wenig wie sich alle Radfahrer im starken, motorisierten Verkehr wohlfühlen."
    [In Wirklichkeit nur wenige Prozent]

    In velo veritas.

  • Dürfen Radfahrer in Kopenhagen eigentlich im Mischverkehr fahren, auch wenn es gute Radwege gibt? Wenn ja, wie reagieren die Autoisten darauf?

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Dürfen Radfahrer in Kopenhagen eigentlich im Mischverkehr fahren, auch wenn es gute Radwege gibt? Wenn ja, wie reagieren die Autoisten darauf?

    Keine Ahnung. Es gibt aber auch Mischverkehr.
    Deine Frage enthält eine logische Lücke. Dürfen heißt nicht tun, und man macht nicht alles, nur weil man es darf.
    Autofahrer reagieren erst, wenn die Radler es tun, also trotz guter Radwege in den Mischverkehr wechseln.

    Warum sollten die Radfahrer trotz guter Radwege in den Mischverkehr wechseln, selbst wenn sie es dürften?

    In velo veritas.

  • Warum sollten die Radfahrer trotz guter Radwege in den Mischverkehr wechseln, selbst wenn sie es dürften?

    Um irgendwo hinzukommen, wo der Radweg nicht bzw. nur mit erheblichem Zeitaufwand hinführt.
    In Hamburg passiert mir das ständig.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • In DK besteht eine generelle RWBP:

    § 14 Abs. 1 Faerdselsloven
    Er der på vej anlagt særlige baner for forskellige færdselsarter, skal kørende benytte den bane, som er bestemt for færdsel med køretøj af den pågældende art.

    Sind auf der Strecke gesonderte Spuren für verschiedene Verkehrsmittel angelegt, hat der Fahrende die Bahn zu verwenden, die für die Fahrt mit dem Fahrzeug der entsprechenden Art angelegt sind.

    Geisterradeln ist verboten:

    § 14 Abs. 2: Cyklist og fører af lille knallert må kun anvende cykelsti i højre side af vejen i færdselsretningen, medmindre andet er tilkendegivet ved afmærkning.
    Der Radfahrer und der Fahrzeugführer eines kleinen Mofas dürfen nur den Radweg auf der rechten Seite der Fahrtrichtung benutzen, es sei denn, anderes ist markiert.

    Ferner gilt für Räder ein strenges Rechtsfahrgebot, § 49 Abs. 2:

    Stk. 2. Cyklist skal altid holde til højre på den vognbane, der er beliggende yderst til højre i
    færdselsretningen. Vognbanen ved siden af kan dog om nødvendigt anvendes
    under overhaling, såfremt denne ikke kan ske til højre.

    Der Radfahrer hat immer rechts auf der Fahrbahn zu fahren, die in Fahrtrichtung äußerst rechts gelegen ist (man muss also auch auf der rechten Spur rechts halten). Die Fahrbahn daneben kann jedoch bei Notwendigkeit für die Überholung verwendet werden, sofern eine Überholung nicht rechts geschehen kann.

    Im Übrigen ist direktes Linksabbiegen für Fahrräder ausdrücklich verboten, § 49 Abs. 3:

    Før vejkryds skal cyklist, der skal lige ud eller svinge til venstre, uanset § 16, stk. 1 og 3, fortsat holde til højre på vejen. Såfremt en eller flere vognbaner ved afmærkning er forbeholdt de kørende, der skal svinge til højre, er det dog tilladt cyklisten at placere sig ved linjen mellem den nærmeste vognbane, som ikke er forbeholdt de højresvingende, og højresvingsbanen. Cyklist, der ønsker at svinge til venstre, skal fortsætte gennem krydset til dets modsatte side og må først foretage svingningen, når det kan ske uden ulempe for den øvrige færdsel. Dette gælder uanset afmærkning, medmindre det fremgår af denne, at den gælder for cyklister. 1.-4. pkt. gælder også ved kørsel over eller bort fra kørebanen uden for vejkryds.

    Vor der Kreuzung hat der Fahrradfahrer, der gerade aus soll oder nach links abbiegen möchten, entgegen § 16 Abs. 1 und 3, sich weiterhin rechts auf der Straße zu halten. Sofern eine oder mehrere Fahrbahnen durch Markierung für Rechtsabbieger vorbehalten sind, ist es dem Radfahrer aber erlaubt, sich auf der Linie zwischen der nächsten Fahrbahn, die nicht den Rechtsabbiegern vorbehalten ist, und der Rechtsabbiegerspur, zu plazieren. Radfahrer, die nach links abbiegen möchten, haben das Kreuz zur gegenüberliegenden Seite zu befahren und dürfen das Abbiegen erst vornehmen, wenn es ohne Behinderungen für den übrigen Verkehr möglich ist. Dies gilt unabhängig von der Markierung, es sei denn, diese gilt für Fahrradfahrer. Abs. 1 - 4 gelten auch bei einer Fahrt über oder weg von der Fahrbahn außerhalb von Kreuzungen.

    Stk. 5. Det er forbudt at cykle på fortov eller gangsti, medmindre andet følger af de regler, der
    fastsættes af justitsministeren efter § 14, stk. 4. Cyklist kan dog køre
    over fortov og gangsti.

    Abs. 5: Es ist verboten, auf Bürgersteigen oder Fußgängerwegen zu fahren, es sei denn, etwas anderes ergibt sich aus den vom Justizministerium festgelegten Regeln nach § 14 Abs. 4. Der Radfahrer darf aber Bürgersteige und Fußgängerwege überqueren.


    Meine Wertung: Das dänische Verkehrsr e c h t ist für Radfahrer deutlich strenger und nachteiliger als das deutsche Verkehrsrecht. Direktes Linksabbiegen ist grundsätzlich verboten, es besteht eine generelle RWBP.

    Dagegen ist die I n f r a s t r u k t u r besser.

  • Danke für diese Info! Hätte ich ehrlich gesagt nicht vermutet. Das stellt Dänemark in puncto Radverkehr in ein völlig anderes - m.E. extrem negatives - Licht, als ich bisher vermutet hatte... ;(

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen und der Krieg ist der Terrorismus der Reichen"
    Peter Ustinov

  • Wobei das durch die guten Wege in der Praxis relativ wenig stört. In Kopenhagen muss man sich halt rücksichtsvoll in den Radverkehr einreihen. Ich bin Jahrelang sehr gerne in Dänemark gefahren, auch das indirekte Linksabbiegen hat mich eigentlich nie gestört. Radwege nach Hamburge "Vorbild" hinter parkenden Autos sind in Dänemark sehr selten. Dennoch scheint das Verkehrsrecht den Radfahrer tendenziell eher als Störfaktor anzusehen.

    Was mich in Dänemark aber wirklich massiv gestört hat und immer noch stört ist die miese Qualität der Fahrräder. Keine Dynamos, keine gute Batteriebeleuchtung, mechanisch teilweise ziemlich schlecht, zumindest für den Preis.

    Übrigens, in Dänemark gibt es eine Pflicht, sein Fahrrad abzuschließen!

  • Danke, Michael!
    Muss mir das trotzdem nochmal aus der Nähe anschauen. Mich schreckt blos die weite Strecke ein wenig ab :(

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Es beweist übrigens für mich, dass das Problem in Deutschland nicht unbedingt im Bund liegt (dem man ja gerne - m.E. nicht immer berechtigt - eine zu große Autoindustrienähe bescheinigt). Die StVO ist in Deutschland eigentlich sehr Radfahrerfreundlich (die StVZO dagegen veraltet, das wäre mal eine große Baustelle).

    Das Problem liegt in Deutschland eher in den Kommunen und in der Umsetzung/Abschaffung der RWBPs.

  • Das Problem liegt in Deutschland eher in den Kommunen und in der Umsetzung/Abschaffung der RWBPs.

    Zum einen das. Zum anderen zählt für mich aber auch die nach wie vor existierende Autofixiertheit zu einem Problem. Damit meine ich nicht nur eine gewisse Nähe zur Autoindustrie, sondern auch die meiner Meinung nach fehlende Akzeptanz von Radfahrern als gleichwertige und -berechtigte Verkehrsteilnehmer.

    Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muß sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. - Albert Einstein

  • Der Autor versteht es nicht richtig, aber dort kann wg RWBP keine Radverkehrsanlage gebaut werden.


    :huh:

    ich erwarte mittlerweile schon gar nicht mehr, dass du deine kruden Theorien und Auffassungen begründen kannst.
    Aber ich amüsier mich so gerne und würde dich dann doch bitten, deinen Gedankengang
    "im Wiesendamm kann wegen einer/der Radwegebenutzungspflicht keine Radverkehrsanlage errichtet werden"
    zu erläutern.


  • Du meinst, ohne RWBP fahren mehr Leute Rad?

    Meiner Ansicht nach schon. Müsste ich jeden noch so kaputten und gefährlichen Radweg in Hamburg benutzen und würden Verstöße geahndet, hätte ich wohl kein Bock mehr auf's Radfahren und wäre wieder Motorist. Und da Autofahren und Autoparken in Hamburg doof sind, wäre ich wohl wieder rausgezogen.
    Sicherlich gibt es viele (potenzielle) Radfahrer, die keinen Mischverkehr mögen und deshalb nicht oder weniger Rad fahren. Aber die Lösung lautet hier nicht, alle Radfahrer auf defizitäre Radwege zu zwingen, sondern den Mischverkehr angenehmer zu machen oder eine gut ausgebaute, freiwillige, Radverkehrsinfrastruktur zu errichten. Ein guter Radweg braucht keine Benutzungspflicht.

    Zitat


    Hamburgize schreibt über den Wiesendamm:
    Absurde "Radverkehrsförderung" in Hamburg - Das Beispiel Wiesendamm

    Der Autor versteht es nicht richtig, aber dort kann wg RWBP keine Radverkehrsanlage gebaut werden.

    Es gibt in Deutschland keine allgemeine RWBP mehr, ebensowenig gibt es derzeit im Wiesendamm eine durch Beschilderung verordnete.
    Es gibt also im Wiesendamm keine RWBP, aber wegen der RWBP kann man dort keinen Schutzstreifen aufpinseln? huch?

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ich finde es jetzt nicht so sinnvoll sich gegenseitig vorzuhalten wer etwas von Radverkehr versteht und wer nicht. Davon abgesehen teile ich Deine Meinung auch nicht, Vorstadt Strizzi: Es geht ja nicht darum, dass man mit Gewalt überall Mischverkehr einführen muss.

    Ich halte breite, gut geführte Radverkehrsanlagen im Sichtfeld, wie sie in Kopenhagen üblich sind (da gibt es übrigens an vielen Stellen auch Mischverkehr und Schutzstreifen, nur so am Rande) für sehr sinnvoll. Nur verstehe ich nicht, warum man dafür eine gesetzlich angeordnete RWBP braucht.

    Die deutsche Rechtslage ist international sehr fortschrittlich, sie muss jetzt aber in den Städten gelebt werden, und daran mangelt es zum Teil noch. Eine RWBP braucht man dafür nicht.