Sanierung der Grindelallee, Hamburg

  • Die Grindelallee in Hamburg gehört zusammen mit dem Grindelberg, der Hoheluftchaussee und dem Lokstedter Steindamm zu einer der Hauptverkehrsachsen in Hamburg. In der Mitte schafft die Metrobuslinie 5 mit Doppelgelenkbussen von Van Hool pro Tag etwa 60.000 Fahrgäste von A nach B und wieder zurück, auf zwei weiteren Fahrspuren pro Richtungsfahrbahn rollt der motorisierte Individualverkehr, dann folgt eine Nebenfläche, die in der Regel zum Parken benutzt wird, auf jeder Seite ein enger und kaputter Radweg und ganz außen ein nicht gerade breiter Gehweg.

    Stellenweise gibt es sogar keinen Radweg, sondern stattdessen einen Radfahrstreifen auf der Fahrbahn! Ganz modern! Die Freude währt aber nicht lange, denn spätestens nach ein paar hundert Metern erfolgt wieder eine Aufleitung auf den brüchigen Radweg. Es gibt seit einiger Zeit zwar keine Radwegbenutzungspflicht mehr für diesen Radweg, weil ein renitenter Radfahrer sich dagegen gewehrt hatte, aber trotzdem muss man eine durchgezogene Linie überfahren, um vom Radfahrstreifen auf die Fahrbahn zu wechseln, und anschließend natürlich mit Unmutsbekundungen der motorisierten Fahrzeugführer rechnen, denn wenn da jemand trotz Radweg mitten auf der Straße radelt, dann muss man ja hupen und so. Ein Taxifahrer rief mir auch mal zu, er würde mich beim nächsten Mal umbringen, wenn er mich nochmal „erwischt“.

    Wie es sich dort fährt, kann man beispielsweise hier und dort nachlesen. Sogar das Hamburger Abendblatt berichtete, natürlich mit dem obligatorischen #ScheißRadfahrer-Shitstorm.

    Nun sollten eigentlich Radfahrstreifen eingerichtet werden, aber dann stellte sich heraus, dass man beibehalten möchte, was sich auch in der Vergangenheit nicht bewährt hat und Radfahrer weiterhin auf einen Zickzackkurs schicken will: Mal auf dem engen Hochbordradweg radeln, dann für ein paar hundert Meter auf einem Radfahrstreifen, dann wieder zurück aufs Hochbord. Theoretisch steht Radfahrern zwar auch in Zukunft die Fahrbahn zur Verfügung, weil man wie in Hamburg üblich den Radfahrstreifen nicht mit [Zeichen 237] kennzeichnen wird und die Radwege ohnehin kein blaues Schild bekommen werden, aber die Kraftfahrer werden solche vermeintlichen Verstöße schon auf ihre Art zu lösen wissen.

    Mehr darüber gibt’s bei NahverkehrHAMBURG: Slalomfahrt: Stadt baut neue Radwege in der Grindeallee

    Es bleibt also alles beim üblichen Chaos: Die Radwege werden mit etwa 1,6 Metern zwar deutlich breiter als das, was man jetzt an Radverkehrsflächen nutzen kann, dafür werden die Gehwege aber stellenweise so schmal, dass sich nicht einmal zwei Fußgänger begegnen können. Man mag sich ja vorstellen, wie das mit dem Miteinander künftig klappen wird.

    Zur Einstimmung schon mal ein paar Fotos. Das hier ist einer der restlichen Abschnitte, die mit Verweis auf die Räumzeiten noch benutzungspflichtig sind:

    Besonders weit kommt man aber nicht, hier wurde für Radfahrer eine Macht-doch-was-ihr-wollt-Stelle eingerichtet:

    Die Fahrbahn ist als für den Radverkehr freigegebener Gehweg ausgewiesen. Ist ja großartig — was macht man mit dem Rad auf der anderen Straßenseite? Schieben?

    Von hier aus kann man noch eine zweite Freigabe für den Gehweg erkennen — die sieht man aber aus der vorigen Aufnahmeposition überhaupt nicht. Man scheint ja davon auszugehen, dass sich Radfahrer eh nicht an die Regeln halten wollen:

    Man hätte ja das [Zeichen 237] aus dem ersten Bild gleich bleiben lassen, dann könnte der Radverkehr wenigstens zeitig auf die Fahrbahn wechseln. So wird man beinahe zum ordnungswidrigen Verhalten gezwungen, sofern man nicht ganz artig sein Rad schiebt.

  • Ich bin ja langsam tatsächlich gespannt, wie sich die Grindelallee für den etwas schnelleren Kampfradler eignen wird. Die Hochbord-Radwege werden ja vermutlich kein blaues Schild bekommen, wenigstens wüsste ich nicht, wie man das nun begründen sollte. Leider lässt sich ja erkennen, dass bereits während der Umbaumaßnahmen die kaum ein paar Tage alten Radwege schon zum Abstellen von Kraftfahrzeugen Verwendung finden.

    Es wird in beiden Fahrtrichtungen den lustigen Wechsel zwischen Seitenstreifen und Hochbord-Radweg geben. Ich gehe mal davon aus, dass es hier im Forum eine ganze Reihe von Teilnehmern gibt, die nicht auf diesem Hochbord-Radwegen fahren wollen — soweit man das während der Umbaumaßnahmen beurteilen kann, hat sich die Situation nämlich nur unwesentlich verbessert, auch wenn mittlerweile die holperigen und handtuchbreiten Oberflächen der alten Radwege gegen rote Steine ausgetauscht wurden.

    Fährt man dann einige hundert Meter auf diesem Streifen, ordnet sich dann rechtzeitig auf dem rechten Fahrstreifen ein, um dann ein kurzes Stück auf der Fahrbahn zu fahren, um anschließend wieder auf dem Streifen zu radeln, um anschließend wieder auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln? Oder bleibt man am besten gleich auf dem rechten Fahrstreifen?

    Die Behörden werden sich ja nach wie vor weigern, den Streifen mit einem blauen Schild als Radfahrstreifen auszuschildern, so dass keine Benutzungspflicht gegeben ist. Nach meiner Interpretation von § 2 StVO besteht auch keine Benutzungspflicht durch das Rechtsfahrgebot, da dieser Streifen kein Teil der Fahrbahn ist. Theoretisch könnte man also permanent auf dem rechten Fahrstreifen fahren, was aber leider umgehend sanktioniert würde.

    Oder lässt man mal die Kampfradelei bleiben und fährt doch einfach auf dem Hochbord-Radweg, wo dann die üblichen Probleme in Gestalt unachtsam geöffneter Türen und Fußgängern und Außengastronomie warten?

    Ich frage mich ja sowieso, ob es irgendwann noch einmal Verbesserungen an der übrigen Infrastruktur geben wird. In Richtung Norden lassen sich die Radwege an der Hoheluftchaussee kaum vernünftig befahren und diese Führung des Radverkehrs bis zum Bahnhof Dammtor ist ja auch ein Witz: Da jagt man die Radfahrer auf die linke Straßenseite rüber, wo dann beide Fahrtrichtungen einer stark befahrenen Radfahrer-Achse auf einem buckeligen Radweg von 2,5 Metern Breite Slalom fahren dürfen, um anschließend wieder auf die andere Straßenseite durch die Fußgänger am Bahnhof Dammtor zu fahren. Bescheuerter geht es ja kaum noch.

  • Ich sehe in dem Umbau durchaus eine Verbesserung: Ich komme aus der Bogenstraße und biege rechts in die Grindelallee ab. Die Ampeln sind so dämlich geschaltet, dass ich eigentlich immer an beiden Ampeln stehen muss. Wenn ich nun an der ersten Ampel bei früh-grün fahre kann ich direkt rechts auf's Hochbord, legal an der zweiten Ampel vorbeifahren und 100m weiter auf die Fahrbahn wechseln.

    Die Edmund-Siemers-Allee bis Dammtor soll irgendwann mal rechts einen Fahrradstreifen o.ä. bekommen. Bis dahin bin ich halt Verkehrssünder... ;)

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Ich bin zufällig gerade u.a. die Grindelallee entlang gefahren. Die Kampfparker sorgen jedenfalls für eine adäquate Unbenutzbarkeit der rechten Spuren und der Radverkehrsinfrastruktur dort. Irgendwo auf Höhe des ehemaligen Kino UFA-Palast wäre ich dann noch fast mit einem alten Fernseher kollidiert.

    P.S. Wie wurden die 1.60 m Breite gemessen? Zählt die Fläche, die die Markierung einnimmt schon dazu. Und bei den Verschwenkungen wurde dann gerundet?

  • In Richtung Norden lassen sich die Radwege an der Hoheluftchaussee kaum vernünftig befahren und diese Führung des Radverkehrs bis zum Bahnhof Dammtor ist ja auch ein Witz: Da jagt man die Radfahrer auf die linke Straßenseite rüber, wo dann beide Fahrtrichtungen einer stark befahrenen Radfahrer-Achse auf einem buckeligen Radweg von 2,5 Metern Breite Slalom fahren dürfen, um anschließend wieder auf die andere Straßenseite durch die Fußgänger am Bahnhof Dammtor zu fahren. Bescheuerter geht es ja kaum noch.

    Das wird sich nach meinem Kenntnisstand ändern.
    geplant ist hier, dass auf der Südseite (Bahntrasse) die Drängelgitter wieder abgebaut werden, das ein reiner Radweg wird und die Fußgänger dann auf der Nordseite (Uni) laufen sollen.
    Das wird so wenig klappen, wie die Drängelgitter jetzt Radfahrer abhalten - aber man kann wenigstens sagen, dass man alles mal probiert hätte.
    gemeinsamer Fuß- und Radweg
    reiner Fußweg
    reiner Radweg
    ...

  • Variante wie vor dem Haupteingang Bahnhof Dammtor realisieren.

    Also Ampelmast in Richtung Tunnel rückversetzen, niedrigen Bordstein zum Radweg hin. und Radweg auf Fahrbahnniveau "absenken" und asphaltieren. Dann könnte das klappen...

  • Variante wie vor dem Haupteingang Bahnhof Dammtor realisieren.

    Also Ampelmast in Richtung Tunnel rückversetzen, niedrigen Bordstein zum Radweg hin. und Radweg auf Fahrbahnniveau "absenken" und asphaltieren. Dann könnte das klappen...

    Ist der Radweg nicht teilweise schon etwas abgesenkt? Da stehen aber trotzdem ständig Fußlinge herum, um die Fahrbahn zu überqueren.

  • Nun bin ich hier tatsächlich mal wieder langgefahren. Und toll, da kennt man seine Ampelphasen endlich auswendig, schon wird alles neu programmiert :S
    Los geht's in der Quickbornstraße (). Erst war immer der Gegenverkehr dran, dann meine Richtung. Nun geht's gleichzeitig mit dem Gegenverkehr los,
    es gibt einen neuen Linksabbieger-Grünpfeil und auf der B5 für die linksabbiegenden Radfahrer solche Aufstelltaschen. Früher konnte ich schon von weitem sehen, wie schnell ich fahren muss, um bei früh-grün die Ampel zu erreichen. Nun weiß ich's erstmal nicht mehr.
    Nächster Stop ist vor der Schlankreye (). Früher konnte ich hier bei spät-grün noch durchfahren, das geht nun nicht mehr.
    Weiter bis "Beim Schlump" (). Der nächste längere Halt (war auch vorher so.). Da frage ich mich nun, ob ich insgesamt länger brauche oder ob's doch gleich schnell geht wie vorher.
    Vor der Grindelallee () gibt's die nächste rote Ampel. Alternativ rechts an der Ampel vorbei auf einen halbwegs befahrbaren Hochbord-Radweg. Heute nur ein Geisterradler und ein Fußgänger. Geht ja noch.
    Normal würde ich ca. hier () wieder auf die Fahrbahn wechseln. Aber da staut sich nun das ganze Blech vor der Ampel und fährt gerade an. Das muss ich noch optimieren.
    Vor der Rentzelstraße () wurde der Hochbordradweg tiefergelegt und ist nun ein Pseudo-Radfahrstreifen. Beim ersten Mal wusste ich es nicht besser und hatte auf der Fahrbahn auf grün gewartet. Beim zweiten mal war ich schlauer und stand auf dem Radfahrstreifen. Die Radfahrerampel wird zeitgleich mit der Busampel grün (bzw "|"). Etliche Sekunden vor der Fahrbahnampel. So ist's dann kein Problem, hier auf die Fahrbahn zu wechseln, die restliche Strecke bis zur Edmund-Siemersallee ist noch Baustelle.
    Achja, und die beiden Ampeln vor der ESA konnte ich heute auch bei grün erreichen und die Busspur auf der ESA war wie immer frei :D

    Was stört ist die absolut unstetige Verkehrsführung. Mal Hochbord, mal Pseudo-Radfahrstreifen, dann mal wieder Fahrbahn. Und am Ende soll man eigentlich noch links auf der ESA fahren, inmitten von Studierenden-Pulks. Warum darf der Radverkehr nicht einfach mal geradeaus fahren, mit einer Verkehrsführung die auch ein Ortsunkundiger sofort begreifen würde?

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • Mich interessiert ja tatsächlich, was denn nun die wirklichen Gründe waren, die diese Zick-Zack-Verkehrsführung nötig machten.

    Ähem - ernsthaft?
    - Bäume
    - Geldmittel
    - Parkplätze
    - Fahrspuren


    in aufsteigender Reihenfolge.
    Hochbordradweg sanieren kostet nur einen Bruchteil dessen, was eine Verlegung des Bordsteins zugunsten eines Radfahrstreifens kostet.

  • Heute habe ich mir die Grindelallee und den Grindelberg stadtauswärts gegönnt, von der Uni bis zur U-Hoheluftbrücke. Direkt nördlich vom Grindelhof werden die beiden Fahrbahnen jeweils eins nach links verschwenkt, die Busspur muss dran glauben. Baustelle halt. Die Radspur wird rechts von den Baustellenabsperrungen weggeleitet und führt voll auf [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10] . Ohne mich. Ich bin also auf der Fahrbahn geradelt (was ich sowieso vorhatte), und zwar durchgehend bis zur Kreuzung mit der Schlankreye. Egal ob da rechts Schilder rumstanden oder nicht. Ich wäre sowieso nicht die Bordsteinkante raufgekommen ...
    Kein Gehupe, kein Genöle, kein Schneiden – wunderbar.